Steigerungslauf

Auch bekannt als: Steigerungen, Accelerations, Progression Runs, Strides, Pick-ups, Temposteigerungen

Kurz erklärt: Steigerungsläufe sind kurze, kontrollierte Beschleunigungen über 50-100 Meter, bei denen du dein Tempo vom lockeren Trab bis hin zu 80-95% deiner Höchstgeschwindigkeit steigerst. Sie sind ein Allround-Werkzeug im Lauftraining: Sie verbessern deine Lauftechnik, schulen die Koordination, machen dich schneller und eignen sich perfekt zum Aufwärmen vor intensiven Einheiten. Das Beste: Sie sind für Anfänger genauso wertvoll wie für Profis und brauchen nur wenige Minuten!

Hinweis zur Ausführung
Steigerungsläufe beinhalten höhere Geschwindigkeiten und belasten Herz-Kreislauf-System, Muskeln und Sehnen stärker als lockeres Joggen. Wenn du gerade erst mit dem Laufen beginnst, Herz-Kreislauf-Probleme hast oder unter Beschwerden leidest, sprich vorher mit einem Arzt oder Physiotherapeuten. Für gesunde Läufer mit etwas Lauferfahrung sind Steigerungen unbedenklich – achte einfach auf eine gute Aufwärmphase und korrekte Ausführung!

Was genau ist ein Steigerungslauf?

Stell dir vor, du würdest ein Auto sanft von 0 auf 80 km/h beschleunigen – genau das machst du beim Steigerungslauf mit deinem Körper. Du startest im lockeren Joggen, steigerst das Tempo über 50-100 Meter kontinuierlich und erreichst am Ende etwa 80-95% deiner maximalen Geschwindigkeit.

Wichtig: Das ist kein Sprint aus dem Stand! Es ist eine kontrollierte, fließende Beschleunigung, bei der du jederzeit die Kontrolle behältst. Du läufst nicht gegen die Uhr – du konzentrierst dich auf Technik, Dynamik und das Gefühl für Geschwindigkeit.

Warum solltest du Steigerungsläufe machen?

Steigerungsläufe sind wie das Schweizer Taschenmesser im Lauftraining – sie haben extrem viele Vorteile:

1. Verbesserte Lauftechnik

Bei höheren Geschwindigkeiten musst du automatisch effizienter laufen. Dein Körper optimiert den Bewegungsablauf: höherer Kniehub, aktiver Fußaufsatz, besserer Armeinsatz. Diese technischen Verbesserungen überträgst du dann auch auf dein normales Lauftempo.

2. Mehr Schnelligkeit und Dynamik

Du trainierst deine schnellen Muskelfasern und das Nervensystem. Das macht dich nicht nur schneller, sondern auch "reaktiver" – du kannst beim Laufen besser reagieren (z.B. auf Hindernisse) und deine Bewegungen sind dynamischer.

3. Bessere Laufökonomie

Durch die Arbeit an der Technik bei höheren Geschwindigkeiten läufst du insgesamt effizienter. Das bedeutet: Du verbrauchst weniger Energie für die gleiche Geschwindigkeit. Bei langen Läufen macht das einen riesigen Unterschied!

4. Perfektes Aufwärmen

Vor intensiven Einheiten (Intervalle, Tempoläufe, Wettkämpfe) bereiten Steigerungen deinen Körper optimal vor. Herzfrequenz steigt, Muskeln werden warm, Nervensystem wird aktiviert – und das alles ohne dich schon vor der Haupteinheit zu ermüden.

5. Mentaler Boost

Steigerungen machen einfach Spaß! Du fühlst dich schnell, leicht und kraftvoll. Das gibt dir Selbstvertrauen und Motivation – besonders wertvoll, wenn du dich manchmal schwer fühlst beim Laufen.

6. Geringer Zeitaufwand

4-6 Steigerungen dauern nur 10-15 Minuten (inkl. Gehpausen). Das ist eine super Trainingsqualität für minimalen Zeitaufwand!

Wann macht man Steigerungsläufe?

Steigerungen sind extrem flexibel einsetzbar:

  • Als Aufwärmung vor intensiven Einheiten: 3-4 Steigerungen nach 10-15 Min lockeren Einlaufen, vor Intervallen, Tempoläufen oder Wettkämpfen
  • Am Ende lockerer Läufe: 4-6 Steigerungen nach einem entspannten Grundlagenlauf bringen ein bisschen Speed-Training rein, ohne groß zu belasten
  • Als eigenständige Technik-Einheit: An einem leichten Trainingstag: Einlaufen + 6-8 Steigerungen + Auslaufen = perfekte 30-40 Min Technikeinheit
  • In der Wettkampfvorbereitung: 15 Min vor dem Start 2-3 Steigerungen machen, um auf "Betriebstemperatur" zu kommen

Wie oft? Anfänger: 1-2x pro Woche. Fortgeschrittene: 2-3x pro Woche (oft vor intensiven Einheiten). Du kannst Steigerungen nicht "zu oft" machen – sie belasten den Körper kaum!

Schritt-für-Schritt-Anleitung: So machst du Steigerungsläufe richtig

Schritt 1: Aufwärmen (10-15 Min)
Lauf dich locker warm. Deine Muskeln müssen warm sein, bevor du beschleunigst! Mindestens 10 Minuten lockeres Joggen. Du solltest leicht ins Schwitzen kommen.

Schritt 2: Geeignete Strecke finden
Suche dir eine gerade, ebene Strecke von 80-100 Metern. Ideal: Laufbahn, Park, breiter Weg. Vermeide: Steigungen, unebene Waldwege (Verletzungsgefahr bei hoher Geschwindigkeit!).

Schritt 3: Die erste Steigerung

  • Start: Beginne im lockeren Joggen (ca. 60% deiner Maximalgeschwindigkeit).
  • Meter 0-30: Steigere das Tempo allmählich. Konzentriere dich auf gute Technik: aufrechte Haltung, aktiver Armeinsatz, Knie nach vorne-oben.
  • Meter 30-60: Jetzt wird's schneller! Steigere auf ca. 80-85% deiner Maximalgeschwindigkeit. Du solltest dich schnell, aber kontrolliert fühlen.
  • Meter 60-80/100: Die letzten Meter hältst du das hohe Tempo oder steigerst minimal weiter auf max. 95%. Wichtig: Nie 100% – das wäre ein Sprint und würde dich zu sehr ermüden!
  • Ende: Lass das Tempo natürlich auslaufen. Nicht abrupt abbremsen!

Schritt 4: Pause (90-120 Sek)
Geh zurück zum Startpunkt. Langsam gehen ist perfekt – keine Eile! Du solltest dich vollständig erholt fühlen, bevor die nächste Steigerung kommt. Herzfrequenz sollte deutlich sinken.

Schritt 5: Wiederholen
Anfänger: 4-6 Steigerungen
Fortgeschrittene: 6-8 Steigerungen
Vor Wettkampf/Intervallen: 3-4 Steigerungen reichen

Schritt 6: Auslaufen (5-10 Min)
Noch 5-10 Min ganz locker auslaufen.

Zeitbedarf gesamt: 10-15 Min Steigerungsläufe (plus Aufwärmen und Auslaufen)

Varianten für verschiedene Level

Varianten für verschiedene Level

🟢 Für Anfänger (0-6 Monate Lauferfahrung):

  • Länge: 50-60 Meter
  • Anzahl: 4 Steigerungen
  • Max. Tempo: 75-80% (es darf sich schnell anfühlen, aber nicht "am Limit")
  • Pause: 2 Minuten (zurückgehen und durchatmen)
  • Häufigkeit: 1x pro Woche, am Ende eines kurzen lockeren Laufs
  • Fokus: Technik! Nicht Geschwindigkeit. Wie fühlt es sich an, schneller zu laufen?

🟡 Für Fortgeschrittene (6+ Monate Lauferfahrung):

  • Länge: 80-100 Meter
  • Anzahl: 6-8 Steigerungen
  • Max. Tempo: 85-90%
  • Pause: 90 Sekunden
  • Häufigkeit: 2-3x pro Woche (oft vor intensiven Einheiten als Aufwärmung)
  • Fokus: Dynamik und Schnelligkeit – du willst "fließend schnell" laufen

🔴 Für erfahrene Läufer (Training für 10K, HM, Marathon):

  • Länge: 100 Meter
  • Anzahl: 6-10 Steigerungen
  • Max. Tempo: 90-95% (letzte 20m fast wie ein Sprint, aber kontrolliert)
  • Pause: 60-90 Sekunden
  • Häufigkeit: 2-3x pro Woche (Standard vor Intervallen/Tempo; manchmal am Ende lockerer Läufe)
  • Varianten:
    • Bergauf-Steigerungen: Leichte Steigung (3-5%) für mehr Kraftaufbau
    • Fliegende Starts: Erst 20m locker anlaufen, dann Beschleunigung über 60m
    • Mit Lauf-ABC kombinieren: Nach jeder Steigerung eine ABC-Übung (z.B. Kniehebelauf)

Wettkampf-Spezial (vor dem Start):

  • Nach 10-15 Min Warmlaufen: 2-3 kurze Steigerungen (60-80m)
  • Letzte Steigerung ca. 10 Min vor dem Start
  • Tempo: Bis 85-90%, nicht komplett ausreizen!
  • Ziel: Nervensystem "wecken", auf Wettkampftempo vorbereiten

Die 7 goldenen Regeln für perfekte Steigerungen

  1. Qualität vor Quantität: Lieber 4 saubere Steigerungen als 8 schlampige. Wenn die Technik leidet oder du merkst, dass du müde wirst → aufhören!
  2. Nie 100% laufen: Steigerungen sind kein Sprint-Training. 90-95% reichen völlig. Du sollst dich schnell fühlen, aber nicht erschöpft.
  3. Kontrollierte Beschleunigung: Das Tempo sollte fließend steigen, nicht ruckartig. Stell dir vor, du wärst ein Auto mit Automatikgetriebe, nicht mit Schaltung.
  4. Aufrechte Haltung: Auch bei hoher Geschwindigkeit: Oberkörper aufrecht, Blick nach vorne, kein Hohlkreuz. Viele Läufer lehnen sich bei Steigerungen zu weit nach vorne.
  5. Aktiver Armeinsatz: Die Arme schwingen aktiv mit, etwa im 90-Grad-Winkel. Sie helfen dir, Tempo zu machen und die Balance zu halten.
  6. Volle Erholung in den Pausen: Geh langsam zurück, atme durch. Die Pause ist nicht verlorene Zeit – sie ist Teil des Trainings. Nur erholt kannst du die nächste Steigerung sauber ausführen.
  7. Untergrund beachten: Steigerungen auf unebenem oder rutschigem Untergrund sind riskant. Verletzungsgefahr! Suche dir eine ebene, griffige Strecke.

Mentaler Tipp: Konzentriere dich bei jeder Steigerung auf einen Aspekt: Mal auf die Arme, mal auf den Kniehub, mal auf den Fußaufsatz. So verbesserst du gezielt einzelne Technik-Elemente.

Wann du KEINE Steigerungen machen solltest

  • Ohne Aufwärmen: Kalte Muskeln + hohe Geschwindigkeit = Verletzungsgefahr! Immer erst 10-15 Min locker einlaufen.
  • Bei Schmerzen oder Beschwerden: Achillessehne zwickt? Knie macht Probleme? Wade verspannt? Dann heute keine Steigerungen! Die hohe Belastung bei Geschwindigkeit kann Beschwerden verschlimmern.
  • Nach sehr harten Einheiten: Hast du gestern ein Intervalltraining oder einen langen Lauf gemacht und bist noch richtig platt? Dann gönn deinen Beinen heute Ruhe. Steigerungen sind zwar kurz, aber intensiv.
  • Wenn du erkältet oder krank bist: Bei Fieber, Erkältung oder Infekt solltest du sowieso nicht laufen – und schon gar nicht schnell laufen.
  • Bei extremer Hitze: Über 30°C und pralle Sonne? Dann sollten intensive Einheiten verschoben werden. Kreislaufbelastung ist zu hoch.
  • Auf rutschigem/unebenem Untergrund: Eis, nasses Laub, steiniger Untergrund, Wurzeln? Zu gefährlich bei hoher Geschwindigkeit. Suche dir eine sichere Strecke oder verschiebe die Steigerungen.
  • Als kompletter Laufanfänger (erste Wochen): Wenn du gerade erst mit dem Laufen angefangen hast und noch keine 20 Minuten am Stück locker laufen kannst, sind Steigerungen noch zu früh. Baue erst eine Grundlagenausdauer auf (ca. 4-8 Wochen), dann kannst du mit Steigerungen beginnen.

Zeichen, dass du zu schnell unterwegs bist:
• Du bist nach einer Steigerung völlig außer Atem (sollte nach 30-60 Sek. Pause wieder normal sein)
• Deine Technik leidet (verkrampfte Schultern, Oberkörper kippt nach vorne)
• Du spürst Schmerzen während der Steigerung
• Du brauchst länger als 2 Min, bis du wieder erholt bist

→ In diesen Fällen: Tempo reduzieren! Steigerungen sollen sich schnell, aber nicht "am Limit" anfühlen.

Die 5 häufigsten Fehler bei Steigerungen

  • 1. Zu schnell am Anfang loslaufen

    ❌ Fehler: Du startest schon fast im Sprint und hast dann keine Steigerung mehr möglich.
    ✅ Richtig: Starte wirklich locker (ca. 60% Tempo) und baue dann kontinuierlich auf. Die Steigerung soll über die ganzen 80-100m gehen!

    2. Verkrampfte Schultern und Arme

    ❌ Fehler: Bei hoher Geschwindigkeit ziehst du die Schultern hoch und verkrampfst.
    ✅ Richtig: Schultern locker lassen, bewusst tief halten. Arme schwingen aktiv, aber entspannt. Manchmal hilft es, die Hände locker zu öffnen statt Fäuste zu machen.

    3. Zu lange Strecken

    ❌ Fehler: Du läufst 150-200 Meter und bist danach völlig fertig.
    ✅ Richtig: 80-100 Meter reichen! Steigerungen sind kein Ausdauertraining. Kürzer und dafür mit besserer Technik ist das Ziel.

    4. Zu kurze Pausen

    ❌ Fehler: Du bist noch am Schnaufen und startest schon die nächste Steigerung.
    ✅ Richtig: Nimm dir mindestens 90 Sekunden, besser 2 Minuten Pause. Geh langsam zurück. Du sollst erholt in die nächste Steigerung gehen, nicht erschöpft!

    5. Nach vorne gebeugter Oberkörper

    ❌ Fehler: Du lehnst dich stark nach vorne, fast wie ein Sprinter aus den Startblöcken.
    ✅ Richtig: Oberkörper bleibt aufrecht, nur eine leichte Vorlage (ca. 5-10 Grad). Stell dir vor, du würdest von oben an einem Faden nach oben gezogen. Das ist effizienter und schonender für den Rücken!

Siehe auch im Läufer-ABC:

  • Lauf-ABC – Technikübungen, perfekt kombinierbar mit Steigerungen
  • Lauftechnik – Die Grundlagen guter Lauftechnik
  • Warm-Up – Aufwärmen vor dem Training
  • Intervalltraining – Eine andere Form von Tempotraining
  • Schrittfrequenz – Wichtiger Technikaspekt beim Laufen
  • Fußaufsatz – Wie der Fuß den Boden berührt
  • Kniehebelauf – Eine Lauf-ABC-Übung
  • Anfersen – Eine weitere Lauf-ABC-Übung
  • Tempolauf – Training im höheren Tempo
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