Auch bekannt als: Kadenz, Schrittrate, Steps per Minute (SPM), Trittfrequenz
Kurz erklärt: Die Schrittfrequenz ist die Anzahl der Schritte pro Minute, die du beim Laufen machst. Sie wird oft in SPM (Steps per Minute) angegeben. Die berühmte "180er-Regel" besagt, dass 180 Schritte pro Minute optimal seien – aber das stimmt so pauschal nicht! Die ideale Schrittfrequenz hängt von deiner Größe, Beinlänge, Tempo und individuellen Biomechanik ab. Als Faustregel gilt: Eine höhere Schrittfrequenz (kleinere, schnellere Schritte) reduziert die Belastung auf Gelenke und senkt das Verletzungsrisiko. Viele Anfänger laufen mit zu niedriger Schrittfrequenz (unter 160 SPM) und großen Schritten – das belastet die Knie unnötig. Das Ziel: Finde deinen natürlichen, effizienten Rhythmus – nicht krampfhaft 180 erzwingen!
Was ist die Schrittfrequenz genau?
Die Schrittfrequenz (oder Kadenz) misst, wie oft dein Fuß pro Minute den Boden berührt. Dabei wird meist die Gesamtzahl beider Füße gezählt – ein kompletter Schrittzyklus (links-rechts) zählt also als 2 Schritte.
Beispiel:
Wenn du in einer Minute 90-mal mit dem rechten Fuß und 90-mal mit dem linken Fuß aufsetzt, hast du eine Schrittfrequenz von 180 SPM.
Warum ist die Schrittfrequenz wichtig?
Sie beeinflusst zwei entscheidende Faktoren:
- Verletzungsrisiko: Zu niedrige Schrittfrequenz = größere Schritte = stärkere Aufprallkräfte auf Gelenke
- Laufeffizienz: Optimale Schrittfrequenz = weniger Energieverschwendung, flüssigerer Laufstil
Der Mythos von der magischen 180
In der Laufwelt kursiert seit Jahren die Zahl: 180 Schritte pro Minute. Diese Zahl stammt aus einer Beobachtung von Jack Daniels (berühmter Lauftrainer), der bei Olympia-Läufern feststellte, dass fast alle mit 180+ SPM liefen.
Das Problem: Diese Läufer waren Profis, meist klein und leicht, und liefen in Wettkampf-Tempo. Für Hobbyläufer gilt das nicht automatisch!
Die Wahrheit über 180 SPM:
- Es ist ein Richtwert, keine starre Regel
- Größere Läufer haben oft natürlich niedrigere Schrittfrequenzen (170-175 können völlig okay sein)
- Kleinere Läufer laufen oft natürlich mit 185-190 SPM
- Je langsamer das Tempo, desto niedriger die natürliche Schrittfrequenz
- Bei schnellerem Tempo steigt die Schrittfrequenz automatisch
Bessere Faustregel:
Für die meisten Hobbyläufer ist eine Schrittfrequenz von 160-180 SPM ein guter Bereich. Wenn du deutlich darunter liegst (unter 160), macht es Sinn, bewusst daran zu arbeiten.
Warum ist eine zu niedrige Schrittfrequenz problematisch?
Viele Anfänger laufen mit einer Schrittfrequenz von 140-160 SPM. Das bedeutet: große, lange Schritte. Und das hat Folgen:
- Fersenaufsatz wird verstärkt: Bei großen Schritten setzt der Fuß oft weit vor dem Körper auf – das bremst und belastet die Gelenke
- Höhere Aufprallkräfte: Große Schritte = längere Flugphase = härterer Aufprall beim Bodenkontakt
- Kniebelastung: Das Knie ist gestreckt beim Aufsetzen und muss die gesamte Kraft abfangen
- Mehr Energie nötig: Große Schritte kosten mehr Kraft als kleinere, schnellere Schritte
- Verletzungsrisiko steigt: Schienbeinschmerzen, Knieprobleme, Achillessehnen-Beschwerden
Eine höhere Schrittfrequenz dagegen bedeutet:
- Kleinere, kürzere Schritte
- Fuß setzt näher unter dem Körperschwerpunkt auf
- Geringere Aufprallkräfte
- Weniger Bremswirkung
- Effizienterer, geschmeidigerer Laufstil
Wie finde ich meine optimale Schrittfrequenz?
Es gibt keine universelle "perfekte" Schrittfrequenz. Aber es gibt deine optimale Schrittfrequenz. Und die findest du so:
1. Miss deine aktuelle Schrittfrequenz
Zähle während eines lockeren Laufs 30 Sekunden lang, wie oft dein rechter Fuß den Boden berührt. Multipliziere mit 4 (2x für beide Füße, 2x für eine Minute). Das ist deine aktuelle SPM.
2. Bewerte den Ist-Zustand:
- Unter 160 SPM: Deutlich zu niedrig – hier solltest du bewusst daran arbeiten
- 160-170 SPM: Unterer Bereich – kann verbessert werden, vor allem wenn du öfter Knieprobleme hast
- 170-180 SPM: Guter Bereich für die meisten Läufer
- 180-190 SPM: Sehr gut – typisch für erfahrene Läufer
- Über 190 SPM: Sehr hoch – entweder du bist klein und schnell, oder die Schritte sind zu hektisch
3. Wenn nötig: Erhöhe schrittweise
Nicht von 150 auf 180 springen! Das überfordert deinen Körper. Besser: 5 SPM pro Monat steigern.
Beispiel: Du läufst bei 155 SPM → Ziel für nächsten Monat: 160 SPM → danach 165 SPM → usw.
So misst und verbesserst du deine Schrittfrequenz
Methoden zum Messen:
1. Manuelle Zählung (kostenlos, einfach):
- Laufe locker, entspannt
- Zähle 30 Sekunden lang, wie oft der rechte Fuß aufsetzt
- Multipliziere mit 4 → SPM
- Wiederhole an verschiedenen Tagen und Tempos
2. Mit Laufuhr oder App:
- Die meisten Laufuhren zeigen die Schrittfrequenz live an
- Apps wie Strava, Garmin Connect etc. speichern die Daten
- Vorteil: Du siehst, wie sich die Schrittfrequenz über den Lauf verändert
3. Mit Metronom oder Musik:
- Stelle ein Metronom auf die gewünschte SPM (z.B. 170)
- Oder nutze Musik mit entsprechendem BPM (Beats per Minute)
- Laufe im Takt → das trainiert automatisch die richtige Frequenz
So verbesserst du deine Schrittfrequenz:
Übung 1: Kurze, schnelle Schritte (Dribblings)
- Laufe auf der Stelle mit sehr schnellen, kleinen Schritten
- 30 Sekunden lang, dann normal weiterlaufen
- Spüre den Unterschied: leichtere, schnellere Füße
- Wiederhole das 3-5x während eines Laufs
Übung 2: Mit Metronom laufen
- Stelle ein Metronom auf deine Ziel-SPM (z.B. 170)
- Laufe 10 Minuten im Takt
- Mach das 1-2x pro Woche – dein Körper gewöhnt sich
- Nach 4-6 Wochen läufst du automatisch mit höherer Frequenz
Übung 3: Leicht bergab laufen
- Auf leichtem Gefälle erhöht sich die Schrittfrequenz natürlich
- Dein Körper spürt: "So fühlt sich eine höhere Kadenz an!"
- Versuche dann, dieses Gefühl in der Ebene beizubehalten
Übung 4: "Heiße Kohlen"
- Stelle dir vor, du läufst über heiße Kohlen
- Du willst so kurz wie möglich Bodenkontakt haben
- Schnell abdrücken, schnell aufsetzen, schnell wieder hoch
- Das trainiert automatisch eine höhere Schrittfrequenz
Wichtig beim Training der Schrittfrequenz:
- Nicht krampfhaft erzwingen – es soll sich natürlich anfühlen!
- Langsam steigern (5 SPM pro Monat)
- Nicht jeder Lauf muss "perfekte Schrittfrequenz" haben
- Höre auf deinen Körper – wenn es sich falsch anfühlt, lass es
Den Rhythmus finden: Die mentale Seite der Schrittfrequenz
Schrittfrequenz ist nicht nur Technik – es ist auch Rhythmus, Flow, Musik. Wenn du verkrampft versuchst, auf eine bestimmte Zahl zu kommen, läufst du steif und unnatürlich. Besser: Finde deinen inneren Rhythmus.
1. Der "innere Taktgeber"
Dein Körper hat einen natürlichen Rhythmus – ähnlich wie dein Herzschlag oder deine Atemfrequenz. Bei den meisten Menschen liegt dieser Rhythmus beim Laufen zwischen 160-180 SPM. Das Problem: Wir haben ihn verlernt oder überlagert.
Wie du ihn wiederfindest:
- Laufe ohne Musik, ohne Uhr, ohne Ablenkung
- Höre auf deinen Atem, deine Füße
- Welcher Rhythmus fühlt sich leicht an? Welcher anstrengend?
- Experimentiere: Schnellere Schritte, langsamere Schritte
- Dein Körper zeigt dir, was natürlich ist
2. Musik als Rhythmus-Hilfe
Musik mit dem richtigen BPM (Beats per Minute) kann deine Schrittfrequenz automatisch erhöhen – ohne dass du bewusst daran denken musst.
So funktioniert's:
- Finde Musik mit 160-180 BPM (es gibt spezielle Laufplaylisten)
- Laufe im Takt der Musik – ein Schritt pro Beat
- Dein Körper synchronisiert sich automatisch
- Nach einigen Wochen läufst du auch ohne Musik im gleichen Rhythmus
Apps für Laufmusik mit richtigem BPM:
- Spotify: Suche nach "Running 170 BPM" o.ä.
- RockMyRun: Musik passend zur gewünschten Schrittfrequenz
- Weav Run: Passt Musik automatisch an deine aktuelle Kadenz an
3. "Leicht wie eine Feder"
Viele Läufer mit niedriger Schrittfrequenz stampfen regelrecht. Große Schritte = schwerfälliges Laufen. Eine höhere Schrittfrequenz dagegen fühlt sich leichter an.
Visualisierung:
Stelle dir vor, du läufst über dünnes Eis oder Wolken. Du willst so wenig Gewicht wie möglich auf den Boden bringen – also schnell aufsetzen, schnell wieder abheben. "Leicht, leicht, leicht..."
Diese Vorstellung führt automatisch zu einer höheren Schrittfrequenz und weniger Belastung.
4. Flow statt Kontrolle
Wenn du ständig auf deine Schrittfrequenz achtest, denkst du zu viel. Das macht den Lauf anstrengend und nimmt dir die Freude.
Besserer Ansatz:
- Trainiere die Schrittfrequenz gezielt (1-2x pro Woche mit Metronom)
- Bei allen anderen Läufen: Lass los, finde deinen Flow
- Dein Körper übernimmt automatisch die neue Frequenz – wenn du ihn lässt
- Vertraue dem Prozess: Nach 6-8 Wochen ist die höhere Kadenz natürlich
5. Der "Tipp-Tipp-Tipp"-Mantra
Manche Läufer nutzen innerliche Mantras, um den Rhythmus zu halten. Statt an "180 SPM" zu denken, wiederhole innerlich im Takt deiner Schritte:
"Tipp-tipp-tipp-tipp..." (schnell, leicht)
oder
"Leicht-und-schnell, leicht-und-schnell..."
Das Mantra hält den Rhythmus und verhindert, dass du zu langsam wirst.
Die wichtigste mentale Regel:
Schrittfrequenz ist ein Mittel zum Zweck – kein Selbstzweck. Das Ziel ist leichtes, entspanntes, verletzungsfreies Laufen. Wenn du dich auf eine bestimmte Zahl versteifst und dabei verkrampfst, machst du's falsch. Finde deinen natürlichen Rhythmus – und genieß den Lauf!
Beispiele: Verschiedene Läufer-Typen & ihre Schrittfrequenz
Anna, 29, Anfängerin (3 Monate Lauferfahrung):
- Aktuelle Schrittfrequenz: 152 SPM
- Laufstil: Große Schritte, deutlicher Fersenaufsatz
- Problem: Knieschmerzen nach längeren Läufen
- Lösung: Anna trainiert gezielt mit Metronom (170 BPM), macht Dribbling-Übungen. Nach 3 Monaten: 168 SPM, Knieschmerzen deutlich weniger
Michael, 42, fortgeschrittener Läufer (5 Jahre Erfahrung):
- Aktuelle Schrittfrequenz: 174 SPM (locker), 182 SPM (schnell)
- Größe: 1,88 m
- Laufstil: Effizienter Mittelfußlauf
- Bewertung: Für seine Größe völlig in Ordnung! Nicht jeder braucht 180+. Michael läuft verletzungsfrei und effizient.
Sarah, 35, Marathon-Läuferin:
- Aktuelle Schrittfrequenz: 185 SPM (konstant bei allen Tempos)
- Größe: 1,65 m
- Laufstil: Sehr effizienter, rhythmischer Lauf
- Bewertung: Optimal! Sarah hat über Jahre ihren natürlichen Rhythmus gefunden. Sie denkt nicht mehr drüber nach – es läuft einfach.
Tom, 50, Wiedereinsteiger:
- Aktuelle Schrittfrequenz: 145 SPM
- Laufstil: Sehr große Schritte, stampfend
- Problem: Achillessehnenschmerzen, schwere Beine
- Lösung: Tom fokussiert sich auf kleinere Schritte, nutzt die "heiße Kohlen"-Visualisierung. Nach 2 Monaten bei 162 SPM – Beschwerden fast weg, Laufen fühlt sich leichter an.
Häufige Fehler beim Training der Schrittfrequenz
1. Zu schnell zu viel wollen
"Ich laufe ab jetzt mit 180 SPM!" (aktuell bei 150)
Das überfordert deinen Körper. Die Wadenmuskulatur, Achillessehne und Fußmuskulatur müssen sich erst anpassen.
Risiko: Überlastungsverletzungen!
Richtig: Maximal 5-10 SPM pro Monat steigern.
2. Verkrampft auf die Zahl fixieren
Wenn du ständig auf deine Uhr starrst und verzweifelt versuchst, 180 zu erreichen, läufst du steif und unnatürlich. Das macht keinen Spaß und bringt nichts!
Richtig: 1-2 gezielte Trainingsläufe pro Woche mit Fokus auf Schrittfrequenz. Alle anderen Läufe: entspannt laufen.
3. Schneller laufen, statt Schritte zu verkürzen
Viele versuchen, die Schrittfrequenz zu erhöhen, indem sie schneller laufen. Das funktioniert kurzfristig – aber das Tempo sollte eigentlich gleich bleiben!
Richtig: Gleiches Tempo, kleinere Schritte = höhere Frequenz. Das ist das Ziel.
4. Die Schrittlänge zu stark verkürzen
Wenn du die Schritte extrem kurz machst (Trippelschritte), ist das auch nicht ideal. Es gibt eine Balance zwischen Schrittlänge und -frequenz.
Richtig: Die Schritte sollten sich natürlich anfühlen – nicht gehetzt oder hektisch.
5. Nur auf Schrittfrequenz achten, Lauftechnik ignorieren
Schrittfrequenz ist wichtig – aber nur ein Teil des Puzzles. Wenn dein Oberkörper nach vorne kippt, die Arme falsch schwingen oder du im Hohlkreuz läufst, bringt die perfekte Schrittfrequenz auch nichts.
Richtig: Ganzheitlich denken: Körperhaltung, Fußaufsatz, Armarbeit – alles gehört zusammen.
6. Bei jedem Tempo die gleiche Schrittfrequenz erzwingen
Bei sehr langsamen Läufen (Regenerationsläufe) ist es völlig normal, dass die Schrittfrequenz sinkt (160-165 SPM). Bei schnellen Läufen steigt sie automatisch (185-190 SPM).
Richtig: Die Schrittfrequenz darf variieren! Wichtig ist nur, dass du nicht dauerhaft unter 160 SPM läufst.
7 praktische Tipps für bessere Schrittfrequenz
- Miss zuerst, dann handle
Viele Läufer wissen gar nicht, wie ihre aktuelle Schrittfrequenz ist. Miss sie – dann weißt du, ob überhaupt Handlungsbedarf besteht. - Nutze Musik als Taktgeber
Eine Playlist mit 170 BPM ist ein einfacher Hack. Du denkst nicht bewusst dran, aber dein Körper läuft automatisch im Takt. - Das Gefühl ist wichtiger als die Zahl
Strebe an: leichtes, entspanntes Laufen mit kurzen Bodenkontakten. Wenn sich das gut anfühlt, ist die Schrittfrequenz wahrscheinlich richtig – egal ob 175 oder 182. - Integriere Dribbling-Übungen
1-2x pro Woche 3-5 kurze Intervalle (30 Sekunden schnelle, kleine Schritte). Das trainiert die neuromuskuläre Koordination. - Fokussiere dich auf den Fußaufsatz
Statt "Ich will 180 SPM!" denke: "Ich setze meinen Fuß unter meinem Körper auf, nicht davor." Das erhöht automatisch die Schrittfrequenz. - Lass dir Zeit
Die Anpassung an eine höhere Schrittfrequenz dauert 3-6 Monate. Deine Muskeln, Sehnen und dein Gehirn brauchen diese Zeit. Sei geduldig! - Wenn's sich falsch anfühlt, lass es
Nicht jeder Körper ist gleich. Wenn du trotz Training bei 168 SPM am besten läufst und dich bei 180 unwohl fühlst – dann ist 168 DEINE optimale Frequenz. Vertraue deinem Körper!
Siehe auch im Läufer-ABC:
- Lauftechnik – Ganzheitlicher Überblick
- Fußaufsatz – Hängt eng mit Schrittfrequenz zusammen
- Mittelfußlauf – Wird durch höhere Schrittfrequenz begünstigt
- Laufstil – Schrittfrequenz ist ein Teil davon
- Bodenkontaktzeit – Wird bei höherer Schrittfrequenz kürzer
- Laufeffizienz – Schrittfrequenz beeinflusst Effizienz
- Verletzungsprävention – Richtige Schrittfrequenz senkt Risiko
- Knieschmerzen – Oft durch zu niedrige Schrittfrequenz