Maximalpuls (HFmax)

Auch bekannt als: HFmax, Max. Herzfrequenz, Maximalfrequenz, Maximum Heart Rate (MHR)

Kurz erklärt: Dein Maximalpuls (HFmax) ist die höchste Anzahl an Herzschlägen pro Minute, die dein Herz bei maximaler Belastung erreichen kann. Er ist genetisch festgelegt und individuell sehr unterschiedlich – zwei gleich alte, gleich trainierte Menschen können einen Unterschied von 20-30 Schlägen haben! Der Maximalpuls ist wichtig, weil er die Basis für deine Trainingszonen bildet: Grundlagenausdauer bei 60-75% von HFmax, Tempotraining bei 85-95%. Die bekannte Formel "220 minus Lebensalter" ist nur ein grober Richtwert und bei vielen Menschen ungenau. Am besten ermittelst du deinen HFmax durch einen kontrollierten Belastungstest – aber nur, wenn du gesund und gut trainiert bist!

Was ist der Maximalpuls genau?

Dein Herz ist eine Pumpe. Bei jeder Kontraktion drückt es Blut durch deinen Körper – ein Herzschlag. Je mehr Sauerstoff deine Muskeln brauchen (z.B. beim Laufen), desto schneller muss dein Herz pumpen.

Der Maximalpuls ist die absolute Obergrenze – die maximale Anzahl an Schlägen pro Minute, die dein Herz erreichen kann. Schneller geht nicht, das ist physiologisch die Grenze.

Wichtig zu verstehen:

  • Der Maximalpuls ist genetisch festgelegt – du kannst ihn nicht durch Training erhöhen
  • Er sinkt mit dem Alter (etwa 0,5-1 Schlag pro Jahr)
  • Er ist extrem individuell – zwei 40-Jährige können HFmax von 175 und 195 haben – beides ist normal!
  • Training verändert nicht den Maximalpuls, sondern den Ruhepuls (der sinkt bei guter Fitness)
  • Ein hoher Maximalpuls ist kein Zeichen von Fitness – und ein niedriger auch nicht

Warum ist der Maximalpuls wichtig fürs Lauftraining?

Der Maximalpuls ist die Basis für deine Trainingszonen. Jede Trainingszone (Grundlagenausdauer, Tempolauf, Intervalle) entspricht einem bestimmten Prozentsatz deiner HFmax.

Beispiel:

Wenn dein Maximalpuls 190 ist, dann liegt dein Grundlagenbereich (GA1) bei etwa 60-75% von 190, also bei 114-142 Schlägen/Minute. Das ist dein optimales Tempo für lange, lockere Läufe.

Wenn du deinen Maximalpuls nicht kennst, kannst du deine Trainingszonen nicht richtig berechnen. Du läufst entweder zu schnell (und überlastest dich) oder zu langsam (und trainierst ineffizient).

Aber Achtung: Der Maximalpuls ist nur ein Werkzeug – kein Dogma! Körpergefühl und der Sprechtest sind genauso wichtig (oft sogar wichtiger) als starre Pulswerte.

Die berühmte Formel: 220 minus Lebensalter

Fast jeder kennt sie: HFmax = 220 - Alter

Beispiel: Du bist 40 Jahre alt → dein Maximalpuls wäre laut Formel 180.

Das Problem: Diese Formel ist sehr ungenau und bei vielen Menschen falsch!

Warum die Formel problematisch ist:

  • Sie basiert auf einem Durchschnitt – aber es gibt riesige individuelle Unterschiede
  • Studien zeigen: Die Standardabweichung liegt bei ±10-15 Schlägen
  • Bei einem 40-Jährigen könnte der echte HFmax zwischen 165 und 195 liegen – beides ist normal!
  • Die Formel wurde nie speziell für Läufer entwickelt
  • Trainingszustand, Genetik, Geschlecht spielen eine Rolle – die Formel berücksichtigt das nicht

Alternativen zur 220-Alter-Formel:

1. Formel nach Winfried Spanaus (genauer für Läufer):

HFmax = 223 - 0,9 x Alter

Beispiel: 40 Jahre → 223 - 36 = 187

2. Formel nach Tanaka (für trainierte Läufer):

HFmax = 208 - 0,7 x Alter

Beispiel: 40 Jahre → 208 - 28 = 180

3. Faustregel "180 minus Alter" (für Grundlagentraining):

Diese Formel gibt direkt die obere Grenze für GA1 an (nicht den Maximalpuls!)

Beispiel: 40 Jahre → 180 - 40 = 140 (obere Grenze für lockeres Training)


Fazit:
 Alle Formeln sind nur Annäherungen. Wenn du es genau wissen willst, brauchst du einen echten Belastungstest!

So bestimmst du deinen echten Maximalpuls

Es gibt mehrere Methoden, deinen echten Maximalpuls zu ermitteln. Aber Vorsicht: Ein HFmax-Test ist sehr anstrengend und nur für gesunde, trainierte Menschen geeignet!

Voraussetzungen für einen HFmax-Test

Du solltest nur einen Maximaltest machen, wenn:

  • Du gesund bist (keine Herz-Kreislauf-Erkrankungen, keine akuten Infekte)
  • Du mindestens 3 Monate regelmäßig trainiert hast (3-4x pro Woche)
  • Du dich fit fühlst (ausgeschlafen, nicht erkältet, nicht übertrainiert)
  • Du über 18 Jahre alt bist
  • Du keine Medikamente nimmst, die den Puls beeinflussen (Betablocker etc.)

Im Zweifel: Sprich vorher mit deinem Arzt! Menschen über 40 oder mit Risikofaktoren sollten einen Belastungs-EKG beim Arzt machen lassen.

Methode 1: Der 1-Kilometer-Test (einfacher, aber weniger genau)

Vorbereitung:

  • Suche dir eine flache Strecke oder Laufbahn (400m)
  • Warm-Up: 10-15 Min lockeres Einlaufen
  • Trage eine Pulsuhr

Durchführung:

  1. Laufe den 1 km so schnell du kannst – als wäre es ein Wettkampf
  2. Steigere das Tempo kontinuierlich, sodass du auf den letzten 200m wirklich alles gibst
  3. Der höchste Pulswert, den du erreichst, ist dein Maximalpuls
  4. Laufe danach 10 Min locker aus (wichtig!)
  5. Wiederhole den Test nach 1 oder 2 Wochen noch einmal und vergleiche das Ergebnis.

Vorteil: Relativ einfach, alleine machbar

Nachteil: Du erreichst vielleicht nicht den absoluten HFmax, sondern nur 95-98%

Methode 2: Der Berg-Test (genauer, aber härter)

Vorbereitung:

  • Finde einen Berg (etwa 200-300m lang, ca. 5-8% Steigung)
  • Warm-Up: 15-20 Min lockeres Einlaufen

Durchführung:

  1. Lauf 1: Laufe den Berg hoch mit ca. 90% Anstrengung, trabe locker runter (2 Min Pause)
  2. Lauf 2: Laufe den Berg hoch mit ca. 95% Anstrengung, trabe locker runter (2 Min Pause)
  3. Lauf 3: Jetzt VOLLE Power! Laufe den Berg hoch, als würdest du vor einem Bären wegrennen – alles geben!
  4. Der höchste Pulswert in Lauf 3 ist dein Maximalpuls
  5. Laufe danach 10-15 Min locker aus

Vorteil: Sehr genau, du kommst wirklich an dein Limit

Nachteil: Extrem anstrengend, braucht einen passenden Berg

Methode 3: Professioneller Leistungstest (am genauesten)

Wo: Sportmedizinisches Institut, Leistungsdiagnostik-Zentrum, Sportarzt

Wie: Stufentest auf dem Laufband mit EKG-Überwachung und Laktatmessung

Vorteil:

  • 100% genau
  • Medizinisch überwacht (sicher!)
  • Du bekommst auch deine anaerobe Schwelle und VO2max
  • Individueller Trainingsplan basierend auf echten Daten

Nachteil: Kostet 80-150 Euro

Empfehlung: Für ambitionierte Läufer sehr sinnvoll

Wichtig nach dem Test:
Notiere dir deinen Maximalpuls! Er bleibt (abgesehen vom langsamen Altersrückgang) relativ konstant. Du musst den Test nicht ständig wiederholen.

Für sehr ambitionierte Läufer sollte der Test alle 2 Jahre wiederholt werden. Als Hobbyläufer kannst du 10+ Jahre mit dem Wert arbeiten.

Deine Trainingszonen basierend auf HFmax

Wenn du deinen Maximalpuls kennst, kannst du deine Trainingszonen berechnen. Hier ist die Übersicht:

Zone % von HFmax Gefühl Zweck
Regeneration 50-60% Sehr locker, du könntest singen Aktive Erholung, Regeneration
GA1 (Grundlagenausdauer 1) 60-75% Locker, Unterhaltung problemlos möglich Fettverbrennung, Ausdauer aufbauen, 70-80% deines Trainings
GA2 (Grundlagenausdauer 2) 75-85% Moderat anstrengend, kurze Sätze möglich Aerobe Kapazität, Tempodauerläufe
Entwicklungsbereich 85-90% Hart, du schnaufst deutlich Anaerobe Schwelle, Tempotraining
Wettkampfbereich 90-95% Sehr hart, sprechen unmöglich Wettkampf, intensive Intervalle
Maximum 95-100% Extrem hart, nur kurz haltbar Sprint-Intervalle, sehr selten

Faustregel: 70-80% deines Trainings sollte in Zone GA1 (60-75%) stattfinden. Anfänger bleiben anfangs ausschließlich in dieser Zone!

Beispiel-Rechnungen: So nutzt du deinen HFmax

Beispiel 1: Maria, 35 Jahre, Anfängerin

  • Geschätzter HFmax (Formel 220-Alter): 220 - 35 = 185
  • GA1-Bereich (60-75%): 111-139 Schläge/Min
  • Ihr Training: Alle Läufe in diesem Bereich – das fühlt sich oft "zu langsam" an, ist aber richtig!
  • Kontrolle: Sie kann sich beim Laufen unterhalten → passt!

Beispiel 2: Thomas, 42 Jahre, ambitionierter Läufer

  • Echter HFmax (durch Bergtest ermittelt): 178 (niedriger als Formel!)
  • GA1-Bereich (60-75%): 107-134 Schläge/Min
  • GA2-Bereich (75-85%): 134-151 Schläge/Min
  • Tempobereich (85-90%): 151-160 Schläge/Min
  • Sein Training: 4x pro Woche GA1, 1x GA2-Dauerlauf, 1x Intervalle im Tempobereich

Beispiel 3: Lisa, 28 Jahre, hoher HFmax

  • Echter HFmax (durch Test): 202 (deutlich höher als Formel!)
  • GA1-Bereich (60-75%): 121-152 Schläge/Min
  • Problem vorher: Sie hat sich an die Formel gehalten und dachte, sie trainiert an der anaeroben Schwelle. Tatsächlich war sie zu jedoch zu langsam!
  • Nach dem Test: Sie läuft jetzt bei höheren Pulswerten, und wirklich im richtigen Frequenzbereich.

Erkenntnis: Diese Beispiele zeigen, wie unterschiedlich die Werte sein können – deshalb ist ein echter Test so wertvoll!

Praktische Tipps zum Training mit HFmax

  1. Kaufe eine vernünftige Pulsuhr
    Brustgurt-Modelle sind am genauesten. Handgelenk-Messungen sind okay, aber manchmal ungenau bei hohen Intensitäten.
  2. Überprüfe deine Zonen regelmäßig
    Mit zunehmendem Alter sinkt der Maximalpuls (ca. 1 Schlag pro Jahr). Alle 1-2 Jahre neu testen oder zumindest die Formel anpassen.
  3. Der Sprechtest ist genauso wichtig
    Selbst mit Pulsuhr: Wenn du dich in GA1 nicht unterhalten kannst, bist du zu schnell – egal was die Uhr sagt!
  4. Tagesform beachten
    Bei Hitze, Stress, Krankheit oder schlechtem Schlaf schlägt das Herz schneller. Dann lieber nach Gefühl trainieren.
  5. Nicht sklavisch an Zahlen festhalten
    Die Pulsuhr ist ein Werkzeug, kein Diktat. Wenn du einen schlechten Tag hast und bei "GA1-Puls" kämpfen musst → langsamer laufen!
  6. Anfänger: Beginne mit der Formel
    Wenn du ganz am Anfang stehst, reicht die 220-Alter-Formel erstmal. Später, wenn du fitter bist, kannst du einen Test machen.
  7. Beobachte deinen Ruhepuls
    Dein Ruhepuls (morgens im Bett, vor dem Aufstehen) sinkt bei guter Fitness. Das ist ein besserer Fitness-Indikator als der Maximalpuls!

Häufige Fehler und Missverständnisse

❌ Fehler 1: "Mein Maximalpuls ist zu niedrig, ich muss ihn erhöhen!"
Nein! Dein Maximalpuls ist genetisch festgelegt. Du kannst ihn nicht durch Training erhöhen. Ein niedriger HFmax ist kein Zeichen schlechter Fitness.

❌ Fehler 2: "Ich bin über meinem berechneten HFmax gelaufen – das kann nicht stimmen!"
Doch, das kann! Die Formel ist oft ungenau. Wenn deine Pulsuhr 195 zeigt, die Formel aber nur 180 vorhergesagt hat – dann ist 195 dein echter HFmax.

❌ Fehler 3: "Hoher Maximalpuls = fitter Mensch"
Nein! Ein 20-Jähriger Couch-Potato kann HFmax 200 haben, ein 40-jähriger Marathon-Läufer nur 170. Beides ist normal. Fitness zeigt sich am Ruhepuls (je niedriger, desto fitter), nicht am Maximalpuls!

❌ Fehler 4: Jeden Tag den Puls bis ans Limit treiben
Viele denken: "Je höher der Puls, desto besser das Training." Falsch! Die meisten deiner Läufe sollten bei 60-75% HFmax sein. Training an der Belastungsgrenze macht nur 10-20% des Trainings aus.

❌ Fehler 5: Die Pulsuhr ist ungenau → komplett ignorieren
Ja, Handgelenk-Uhren sind manchmal ungenau. Aber: Sie sind trotzdem ein wertvolles Feedback-Tool. Nutze sie als Orientierung, kombiniert mit Körpergefühl.

❌ Fehler 6: HFmax-Test ohne Vorbereitung oder bei Krankheit
Das ist gefährlich! Ein Maximaltest ist eine extreme Belastung. Nur für gesunde, trainierte Menschen geeignet. Bei Infekt, Erkältung, Übertraining → auf keinen Fall!

❌ Fehler 7: Pulswerte verschiedener Sportarten vergleichen
Dein HFmax beim Laufen ist oft 5-10 Schläge höher als beim Radfahren. Das ist normal – verschiedene Muskelgruppen, verschiedene Belastung.

Zahlen sind Werkzeuge, keine Götter

Die Pulsuhr kann zur Besessenheit werden. Viele Läufer schauen ständig auf die Uhr, leben und sterben mit jedem Herzschlag. Das ist nicht der Sinn der Sache!

Die Gefahr der Zahlenfixierung:

"Heute war ich nur bei 135 statt 140 – ist das schlecht?"
Das sind 5 Schläge Unterschied! Das kann am Wetter liegen, an der Tagesform, am Schlaf. Es spielt keine Rolle. Dein Körper ist kein Roboter mit exakten Werten – er ist ein lebendiges System mit Schwankungen.

"Ich muss heute meinen GA1-Bereich treffen, sonst zählt der Lauf nicht!"
Diese Denkweise macht aus Laufen eine Pflicht, einen Test, eine Prüfung. Aber: Laufen soll Freude machen! Wenn du einen Tag hast, wo der Puls "nicht stimmt" – dann laufe nach Gefühl. Ein Lauf nach Körpergefühl ist wertvoller als ein frustrierender Kampf mit der Pulsuhr.

"Mein Puls ist höher als er sollte – bin ich krank? Übertrainiert? Was ist los mit mir?"
Oder: Du hast einfach schlecht geschlafen. Oder es ist warm. Oder du bist gestresst. Der Puls schwankt – das ist normal. Nicht jede Abweichung ist ein Alarmsignal.

Mentale Balance finden:

1. Die Pulsuhr als Feedback, nicht als Richter
Sie gibt dir Rückmeldung – aber sie bestimmt nicht, ob dein Lauf "gut" war. Ein Lauf bei 150 Puls, wo du dich super gefühlt hast, ist besser als ein Lauf bei 130 Puls, den du gehasst hast.

2. Das 80/20-Prinzip
80% der Läufe nach Gefühl und Pulsuhr (GA1-Bereich). 20% der Läufe nur nach Gefühl, Uhr ausschalten. So bleibst du flexibel und verlierst nicht das Körpergefühl.

3. Der "Pulsuhr-freie Tag"
1x pro Woche ohne Uhr laufen. Keine Daten, keine Zahlen – nur du, die Natur, die Bewegung. Das erdet. Das erinnert dich daran, warum du überhaupt läufst.

4. Die Frage, die zählt
Nach dem Lauf frag dich nicht: "War mein Puls richtig?" Sondern: "Wie habe ich mich gefühlt?" Wenn die Antwort "gut" ist, war es ein guter Lauf – egal was die Zahlen sagen.

Erkenntnis: Die Pulsuhr ist ein wertvolles Werkzeug – aber sie darf nie wichtiger werden als dein Körpergefühl. Zahlen sind Orientierung, nicht Wahrheit. Dein Körper weiß oft besser als jede Uhr, was er braucht.

Siehe auch im Läufer-ABC:

  • Grundlagenausdauer (GA1) – Training im 60-75% Bereich
  • Ruhepuls – Der bessere Fitness-Indikator
  • Trainingszonen – Die verschiedenen Intensitätsbereiche
  • Anaerobe Schwelle – Wichtig für Tempotraining
  • Herzfrequenzvariabilität – Moderner Trainingsindikator
  • Übertraining – Wenn der Ruhepuls erhöht ist
  • Pace – Die Alternative zur Pulsmessung
  • Sprechtest – Pulsmessung ohne Uhr
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