Auch bekannt als: GA1-Bereich, Grundlagenausdauer 1, aerobe Zone, Fettstoffwechselzone, langsamer Dauerlauf-Bereich
Kurz erklärt: Die aerobe Schwelle ist der Intensitätsbereich, in dem dein Körper hauptsächlich Fett zur Energiegewinnung nutzt und dabei genug Sauerstoff zur Verfügung hat. In diesem Bereich kannst du stundenlang laufen, ohne zu übersäuern oder komplett zu ermüden. Es ist der Wohlfühlbereich – du kannst dich noch unterhalten, atmest entspannt und fühlst dich nicht am Limit. Dieser Bereich ist die Basis für jedes Lauftraining: Hier baust du Ausdauer auf, trainierst deinen Fettstoffwechsel und legst das Fundament für spätere Tempoläufe. Faustregel: Wenn du dich beim Laufen noch locker unterhalten kannst, bist du in der aeroben Zone!
Was bedeutet "aerob"?
Das Wort "aerob" kommt aus dem Griechischen und bedeutet "mit Sauerstoff". Wenn du im aeroben Bereich trainierst, hat dein Körper genug Sauerstoff, um Energie zu gewinnen – vor allem aus Fetten.
Ein einfacher Vergleich:
Stell dir deinen Körper wie einen Ofen vor:
- Im aeroben Bereich: Der Ofen bekommt genug Sauerstoff (wie ein gut belüfteter Kamin). Er verbrennt ruhig und gleichmäßig Holz (= Fett) und kann stundenlang brennen.
- Im anaeroben Bereich: Der Ofen bekommt zu wenig Sauerstoff (wie ein geschlossener Ofen). Er muss anders heizen (= Kohlenhydrate), das geht schneller, produziert aber mehr "Abfall" (Laktat) und kann nicht lange durchgehalten werden.
Was passiert im aeroben Bereich im Körper?
Wenn du locker läufst, passiert folgendes:
- Energiegewinnung: Dein Körper nutzt hauptsächlich Fette (zu 60-80%) und Kohlenhydrate (zu 20-40%) zur Energiegewinnung. Fette sind wie ein riesiger Tank – du hast genug Reserven für viele Stunden!
- Sauerstoff reicht aus: Deine Atmung ist entspannt, du schnaufst nicht. Die Muskeln bekommen genug Sauerstoff über das Blut.
- Wenig Laktat: Es entsteht kaum Laktat (Milchsäure). Das bisschen Laktat, das entsteht, kann dein Körper problemlos abbauen. Deine Muskeln übersäuern nicht.
- Herzfrequenz moderat: Dein Puls liegt bei etwa 60-75% deiner maximalen Herzfrequenz. Das Herz arbeitet effizient, aber nicht am Limit.
- Du kannst reden: Das klassische Zeichen: Du kannst dich beim Laufen noch in ganzen Sätzen unterhalten, ohne zu schnaufen.
Warum ist die aerobe Schwelle so wichtig?
Der aerobe Bereich ist die Basis von allem im Lauftraining. Hier sind die Gründe:
1. Aufbau von Grundlagenausdauer
Je mehr du im aeroben Bereich trainierst, desto besser wird deine Grundlagenausdauer. Das bedeutet: Du kannst länger laufen, ohne müde zu werden. Das ist die Basis für alles – egal ob du 5K oder Marathon laufen willst.
2. Fettstoffwechsel-Training
Im aeroben Bereich lernt dein Körper, Fette effizient als Energiequelle zu nutzen. Das ist extrem wichtig für lange Läufe (z.B. Marathon), weil deine Kohlenhydratspeicher irgendwann leer sind – aber Fett hast du mehr als genug! Ein trainierter Fettstoffwechsel ist wie ein größerer Tank.
3. Mitochondrien-Wachstum
Mitochondrien sind die "Kraftwerke" deiner Zellen. Im aeroben Training bilden sich mehr Mitochondrien → du kannst mehr Energie produzieren → du wirst ausdauernder. Das ist einer der wichtigsten Anpassungseffekte beim Laufen!
4. Kapillarisierung (bessere Durchblutung)
Dein Körper bildet mehr feine Blutgefäße (Kapillaren) in den Muskeln. Das bedeutet: Bessere Sauerstoff- und Nährstoffversorgung. Deine Muskeln arbeiten effizienter.
5. Regeneration und Belastungsverträglichkeit
Training im aeroben Bereich belastet den Körper relativ wenig. Du kannst oft trainieren, ohne ins Übertraining zu rutschen. Die meisten Profis verbringen 80% ihrer Trainingszeit in der aeroben Zone!
6. Gesundheit
Aerobes Training stärkt dein Herz-Kreislauf-System, senkt den Ruhepuls, verbessert die Cholesterinwerte und reduziert Stress. Es ist extrem gesund!
Aerobe vs. Anaerobe Schwelle – Der Unterschied
Diese beiden Begriffe werden oft verwechselt. Hier ist der einfache Unterschied:
🟢 Aerobe Schwelle
Was: Bereich, in dem genug Sauerstoff da ist
Tempo: Locker, entspannt
Unterhaltung: Du kannst dich in ganzen Sätzen unterhalten
Energie: Hauptsächlich Fettverbrennung
Dauer: Stundenlang möglich
Gefühl: Angenehm, könntest ewig so weiterlaufen
Puls: 60-75% der Maximalfrequenz
Beispiel: Lockerer Dauerlauf, bei dem du plaudern kannst
🔴 Anaerobe Schwelle
Was: Bereich, in dem Sauerstoff nicht mehr ausreicht
Tempo: Zügig, fordernd
Unterhaltung: Nur einzelne Worte, keine Sätze mehr
Energie: Hauptsächlich Kohlenhydrate, Laktatanstieg
Dauer: 30-60 Minuten maximal
Gefühl: Anstrengend, du spürst die Belastung deutlich
Puls: 80-90% der Maximalfrequenz
Beispiel: Tempolauf, bei dem du dich konzentrieren musst
Die Faustregel:
Aerob = "Ich könnte mich noch unterhalten" → Locker, lange möglich
Anaerob = "Ich bin am Schnaufen, kann kaum reden" → Anstrengend, nicht lange durchhaltbar
Wichtig: Die aerobe Schwelle ist NICHT ein fixer Punkt, sondern ein Bereich. Du hast einen großen Spielraum, in dem du aerob trainieren kannst. Die anaerobe Schwelle ist der Punkt, ab dem es zu intensiv wird und du nicht mehr hauptsächlich aerob arbeitest.
Wie erkenne ich meinen aeroben Bereich?
Es gibt verschiedene Methoden, um herauszufinden, ob du in der aeroben Zone trainierst:
1. Der Sprachtest (einfachste Methode!)
Kannst du dich beim Laufen noch in ganzen Sätzen unterhalten, ohne zu schnaufen? Dann bist du im aeroben Bereich. Sobald du nur noch abgehackte Worte rausbringst → du bist zu schnell!
Tipp: Wenn du alleine läufst, versuche laut vor dich hinzusprechen (z.B. einen Satz aus einem Buch aufsagen). Geht das locker? Perfekt!
2. Die Nasenatmung (strenger Test)
Kannst du ausschließlich durch die Nase atmen, ohne den Mund zu öffnen? Dann bist du definitiv im aeroben Bereich. Sobald du den Mund brauchst → etwas intensiver (aber kann immer noch aerob sein).
3. Herzfrequenz messen (mit Pulsuhr)
Die aerobe Zone liegt bei etwa 60-75% deiner maximalen Herzfrequenz.
Faustformel für maximale Herzfrequenz: 220 minus dein Alter (z.B. 220 - 30 = 190)
Aerober Bereich (60-75%): 190 × 0,60 = 114 bis 190 × 0,75 = 143 Schläge/Minute
Hinweis: Diese Formel ist nur ein Richtwert! Manche Menschen haben einen höheren oder niedrigeren Maximalpuls. Am besten kombinierst du Pulsmessung mit dem Sprachtest.
4. Subjektives Belastungsempfinden (RPE-Skala)
Auf einer Skala von 1 (völlig entspannt) bis 10 (maximale Anstrengung) solltest du im aeroben Bereich bei 3-5 liegen. Es fühlt sich "angenehm anstrengend" an, aber nicht hart.
5. Laktattest (professionell, aber genau)
Bei einem Sportmediziner oder in einem Leistungszentrum kannst du einen Laktattest machen. Dabei wird während eines Stufentests Blut abgenommen und das Laktat gemessen. So bestimmst du exakt deine aerobe und anaerobe Schwelle. Kostet ca. 80-150 Euro, lohnt sich aber für ambitionierte Läufer!
So trainierst du im aeroben Bereich
Der aerobe Bereich ist die Basis deines Trainings. Hier ein paar praktische Beispiele:
🟢 Für Anfänger:
- Lockerer Dauerlauf: 20-40 Minuten in einem Tempo, bei dem du dich noch unterhalten kannst. Das ist der Klassiker!
- Lauf-Geh-Kombination: Wenn durchgehendes Laufen noch zu anstrengend ist: 5 Min laufen, 2 Min gehen, wiederholen. Solange das Lauftempo locker ist, bist du aerob unterwegs.
- Häufigkeit: 2-3x pro Woche
- Wichtig: Nicht zu schnell laufen! Viele Anfänger laufen zu schnell und wundern sich, warum sie nicht länger durchhalten. Langsamer ist besser!
🟡 Für Fortgeschrittene:
- Langer Lauf (Long Run): 60-120 Minuten in lockerem Tempo. Hier trainierst du Fettstoffwechsel und mentale Ausdauer. 1x pro Woche.
- Grundlagenläufe: 45-60 Minuten in der aeroben Zone. Das ist dein "Brot-und-Butter-Lauf". 2-3x pro Woche.
- Regenerationsläufe: 30-40 Minuten ganz locker nach harten Einheiten. Fördert Durchblutung und Erholung. 1-2x pro Woche.
- Tipp: 80% deiner Laufkilometer sollten im aeroben Bereich sein!
🔴 Für ambitionierte Läufer (Marathon, Halbmarathon):
- Basis-Wochen: In der Vorbereitungsphase: Viele lockere Kilometer im aeroben Bereich (80-100 km/Woche, davon 80% aerob)
- Langer Lauf: 120-180 Minuten (bei Marathonvorbereitung). Die letzten 30-60 Min können auch an die anaerobe Schwelle rangehen (Marathon-Pace-Training).
- Doppel-Einheiten: Morgens 40 Min aerob, abends nochmal 40 Min aerob → trainiert Fettstoffwechsel extrem gut
- Polarisiertes Training: Das Profi-Modell → 80% ganz locker (aerob), 20% richtig hart (anaerob/Intervalle). Nichts dazwischen!
✅ Die 80/20-Regel: 80% deines Trainings sollte im aeroben Bereich stattfinden, nur 20% im intensiven/anaeroben Bereich. Diese Regel gilt für alle – vom Hobbyläufer bis zum Profi!
Zeichen, dass du im aeroben Bereich bist
✅ Du bist definitiv aerob unterwegs, wenn:
- Du dich beim Laufen noch in ganzen Sätzen unterhalten kannst (wichtigstes Zeichen!)
- Deine Atmung ist rhythmisch und entspannt (z.B. 3 Schritte ein, 3 Schritte aus)
- Du das Gefühl hast, du könntest stundenlang so weiterlaufen
- Du fühlst dich angenehm warm, aber nicht überhitzt
- Nach dem Lauf fühlst du dich erfrischt und gut, nicht komplett platt
- Deine Muskeln fühlen sich locker an, nicht hart oder verkrampft
- Du kannst beim Laufen noch klar denken und Gedanken schweifen lassen
- Am nächsten Tag bist du erholt, nicht völlig fertig
❌ Du bist NICHT mehr im aeroben Bereich, wenn:
- Du kannst nur noch einzelne Worte rausbringen, keine ganzen Sätze
- Deine Atmung wird gehetzt oder keuchend
- Du spürst ein Brennen in den Beinen (Laktat!)
- Du hast das Gefühl, du musst das Tempo bald reduzieren
- Du bist nach 30-40 Minuten schon richtig erschöpft
- Du musst dich mental pushen, um das Tempo zu halten
Die ultimative Regel:
"Wenn du dich fragst, ob du noch im aeroben Bereich bist → sag laut einen ganzen Satz auf. Geht das locker? Dann ja! Kommst du ins Schnaufen? Dann nein – langsamer werden!"
Was passiert, wenn du regelmäßig im aeroben Bereich trainierst?
Dein Körper passt sich an das Training an. Diese Veränderungen passieren über Wochen und Monate:
Nach 2-4 Wochen:
- Dein Ruhepuls sinkt um 3-5 Schläge (Zeichen für ein stärkeres Herz)
- Du kannst beim gleichen Tempo entspannter atmen
- Die gleiche Strecke fühlt sich leichter an
Nach 8-12 Wochen:
- Deutlich mehr Mitochondrien in deinen Muskelzellen (= mehr Energie)
- Fettstoffwechsel läuft effizienter → du kannst länger laufen, ohne zu ermüden
- Bessere Kapillarisierung → mehr Blutgefäße versorgen die Muskeln
- Du kannst im gleichen Tempo einen niedrigeren Puls halten (z.B. vorher 145, jetzt 135)
Nach 6+ Monaten:
- Deine aerobe Schwelle verschiebt sich nach oben → du kannst bei höherem Tempo noch aerob laufen
- Dein Herz wird effizienter (größeres Schlagvolumen)
- Dein Körper nutzt Fette noch besser → wichtig für Marathon & Co
- Du bist insgesamt belastbarer und regenerierst schneller
Das alles funktioniert aber nur, wenn du wirklich im aeroben Bereich bleibst und nicht zu schnell läufst! Viele Läufer trainieren zu viel im "Graubereich" (zwischen aerob und anaerob) und verschenken diese Effekte.
Die häufigsten Fehler beim aeroben Training
❌ Fehler 1: Zu schnell laufen
Der häufigste Fehler! Viele Läufer (besonders Anfänger) laufen ihre "lockeren" Läufe viel zu schnell. Sie sind ständig im Graubereich zwischen aerob und anaerob → der Körper passt sich nicht optimal an, Verletzungsrisiko steigt, Regeneration leidet.
Lösung: Sprachtest machen! Kannst du dich unterhalten? Wenn nicht → langsamer!
❌ Fehler 2: Kein Mut zur Langsamkeit
Viele Läufer schämen sich, langsam zu laufen. "Was denken die anderen, wenn ich so lahm bin?" Aber: Die Profis laufen ihre Grundlagenläufe auch sehr langsam (oft 5:30-6:30 min/km)!
Lösung: Stolz auf lockere Läufe sein! Sie machen dich besser, nicht schlechter.
❌ Fehler 3: Nur aerob trainieren
Das andere Extrem: Manche Läufer laufen nur locker und nie schneller. Das ist besser als zu schnell, aber um wirklich besser zu werden, brauchst du auch intensivere Einheiten (20% des Trainings).
Lösung: 80/20-Regel beachten! 80% aerob, 20% intensiv/anaerob.
❌ Fehler 4: Kein Gefühl für den Bereich entwickeln
Viele verlassen sich blind auf die Pulsuhr. Aber manchmal stimmt der angezeigte Puls nicht (z.B. bei Hitze, Stress, Krankheit).
Lösung: Lerne, deinen Körper zu spüren! Kombiniere Pulsuhr mit Sprachtest und Körpergefühl.
❌ Fehler 5: Ungeduld
Viele erwarten nach 2-3 Wochen riesige Fortschritte. Aber die Anpassungen im aeroben Bereich brauchen Zeit – Monate, nicht Wochen!
Lösung: Geduld haben. Die Effekte kommen – aber langsam und nachhaltig.
Die goldene Regel: "Lieber zu langsam als zu schnell!" Bei lockeren Läufen gibt es kein "zu langsam" – aber definitiv ein "zu schnell".
Siehe auch im Läufer-ABC:
- Anaerobe Schwelle – Der intensivere Trainingsbereich
- Grundlagenausdauer (GA1) – Praktisches Training im aeroben Bereich
- Fettverbrennung – Energiegewinnung im aeroben Bereich
- VO₂max – Maximale Sauerstoffaufnahme
- Herzfrequenz-Zonen – Die verschiedenen Trainingsbereiche
- Dauerlauf – Klassisches Training im aeroben Bereich
- Laktat – Was bei anaerober Belastung entsteht
- Maximalpuls (HFmax) – Basis zur Berechnung der Trainingszonen
- Regenerationslauf – Ganz lockeres Training im unteren aeroben Bereich