Endorphine

Auch bekannt als: Glückshormone, körpereigene Opiate, endogene Morphine, Runner's High (beim Laufen)

Kurz erklärt: Endorphine sind körpereigene Botenstoffe, die dein Gehirn während und vor allem nach dem Laufen ausschüttet. Sie wirken schmerzlindernd, entspannend und sorgen für das gute Gefühl nach dem Training. Zusammen mit Dopamin, Serotonin und Endocannabinoiden bilden sie den "Glücks-Cocktail" des Läufers. Wichtig zu wissen: Das berühmte "Runner's High" erleben Anfänger selten – das gute Gefühl kommt meist nach dem Lauf, nicht währenddessen. Und: Laufen soll dich aufladen, nicht süchtig machen!

Was sind Endorphine genau?

Das Wort "Endorphin" setzt sich zusammen aus "endogen" (körpereigen) und "Morphin" (schmerzstillendes Opioid). Endorphine sind also deine körpereigenen Schmerzmittel – nur ohne Nebenwirkungen und Suchtpotenzial wie bei chemischen Opiaten.

Sie gehören zu einer Gruppe von Botenstoffen (Neuropeptiden), die dein Körper selbst herstellt. Beim Laufen werden sie vor allem in der Hirnanhangdrüse und im Hypothalamus produziert und über das Blut im ganzen Körper verteilt.

Der "Glücks-Cocktail" beim Laufen besteht aber nicht nur aus Endorphinen:

  • Endorphine: Schmerzlinderung, Euphorie, Entspannung
  • Dopamin: Belohnung, Motivation, Vorfreude
  • Serotonin: Ausgeglichenheit, innere Ruhe, Zufriedenheit
  • Endocannabinoide: Das eigentliche "Runner's High" – Cannabis-ähnliche Wirkung ohne Joint!

Zusammen sorgen diese Stoffe dafür, dass du dich nach dem Laufen einfach gut fühlst.

Was bewirken Endorphine im Körper?

Endorphine docken im Gehirn und Rückenmark an spezielle Rezeptoren an – die gleichen, die auch auf Morphin reagieren würden. Dadurch entfalten sie ihre Wirkung:

  • Schmerzlinderung: Kleine Wehwehchen beim Laufen werden weniger wahrgenommen. Nach dem Lauf fühlst du dich trotz Anstrengung oft erstaunlich gut.
  • Stressabbau: Das Stresshormon Cortisol wird reduziert. Du fühlst dich entspannter und ruhiger.
  • Stimmungsaufhellung: Das "Ich-hab's-geschafft"-Gefühl wird biochemisch verstärkt. Du bist stolz und zufrieden.
  • Euphorie (bei längeren Läufen): Das berühmte "Runner's High" – ein Zustand leichter Trance, bei dem alles leicht erscheint.
  • Verbessertes Immunsystem: Regelmäßiges Laufen (und die damit verbundene Endorphinausschüttung) stärkt deine Abwehrkräfte.
  • Besserer Schlaf: Die entspannende Wirkung hilft dir, abends zur Ruhe zu kommen.

Was bedeutet das für Läufer?

Hier wird's interessant – und es gibt ein paar wichtige Wahrheiten, die oft verschwiegen werden:

Wahrheit Nr. 1: Anfänger erleben selten ein "Runner's High"
Viele Laufratgeber versprechen: "Nach 20 Minuten setzt das Runner's High ein!" Das ist Quatsch. Anfänger kämpfen in den ersten Wochen und Monaten eher mit schweren Beinen, Atemnot und dem inneren Schweinehund. Das ist völlig normal!

Das Runner's High (echte Euphorie beim Laufen) tritt meist erst auf bei:

  • Längeren Läufen (60+ Minuten)
  • Fortgeschrittenen Läufern mit guter Grundlagenausdauer
  • Bestimmten Tagesformen (nicht garantiert!)

Wahrheit Nr. 2: Das gute Gefühl kommt meist NACH dem Lauf
Was du als Anfänger (und auch später) zuverlässig erleben wirst: Das befriedigende Gefühl nach dem Lauf. Du hast es geschafft, du bist stolz, du fühlst dich lebendig. Das sind deine Endorphine am Werk!

Dieses Nachher-Gefühl ist gold wert. Es ist der Grund, warum du morgen wieder losläufst.

Wahrheit Nr. 3: Endorphine sind kein Ersatz für Sinn und Freude
Manche Läufer jagen dem Endorphin-Kick hinterher wie einer Droge. Sie laufen nicht mehr aus Freude, sondern weil sie das High brauchen. Das ist der Moment, wo's kippt.

Gesundes Laufen bedeutet: Du läufst, weil es dir guttut. Das gute Gefühl ist ein Bonus, kein Hauptziel.

Endorphine als mentaler Anker: So nutzt du sie richtig

Endorphine sind nicht nur Biochemie – sie sind ein mächtiges mentales Werkzeug. Du kannst lernen, das gute Gefühl nach dem Lauf bewusst zu verankern und für zukünftige Motivation zu nutzen.

1. Das "Nachher-Gefühl" bewusst wahrnehmen
Viele Läufer hetzen nach dem Lauf direkt weiter: Duschen, Frühstück, Arbeit. Dabei verpassen sie den wichtigsten Moment!

Mach das anders: Nimm dir 2-3 Minuten Zeit, nachdem du ausgelaufen und gedehnt bist. Steh oder sitz einfach da und spüre bewusst:

  • Wie fühlt sich dein Körper jetzt an?
  • Wie ist deine Stimmung?
  • Was ist anders als vor dem Lauf?

Dieses bewusste Wahrnehmen verstärkt die Wirkung der Endorphine und verankert das gute Gefühl tiefer in deinem Gehirn.

2. Der "Vorher-Nachher-Vergleich"
Eine der wirkungsvollsten mentalen Techniken! Vor dem Lauf fragst du dich kurz:

  • "Wie fühle ich mich jetzt? Von 1-10?"
  • "Wie ist meine Energie? Meine Laune?"

Nach dem Lauf machst du dasselbe. Du wirst fast immer feststellen: Es ist besser geworden!

Dieses Ritual trainiert dein Gehirn: "Laufen = Verbesserung." Nach ein paar Wochen wird diese Verbindung so stark, dass schon das Anziehen der Laufschuhe ein gutes Gefühl auslöst (Dopamin sagt hallo!).

3. Die "Ich-hab's-geschafft"-Zelebration
Das Endorphin-Hoch nach dem Lauf ist der perfekte Moment für eine kleine Feier. Nicht peinlich, sondern clever!

Mach eine kleine Geste:

  • Beide Fäuste in die Luft: "Yes!"
  • Hand aufs Herz: "Ich bin stolz auf mich."
  • Innerlich (oder laut): "Geschafft!"

Diese Geste wird zum Anker. Dein Gehirn verknüpft sie mit dem guten Gefühl. Nach einigen Wochen kannst du diese Geste sogar nutzen, um dich vor dem Lauf motivierter zu fühlen.

4. Das "Tank-voll"-Gefühl
Die Philosophie von LightRunning: Laufen lädt dich auf, es entleert dich nicht.

Stell dir nach dem Lauf vor, wie dein innerer Akku wieder voll ist. Die Endorphine sind der Beweis: Du hast nicht Energie verloren, sondern Energie gewonnen – mental, emotional, körperlich.

Dieser Perspektivwechsel ist fundamental. Du läufst nicht, um Kalorien zu verbrennen oder um "etwas abzuarbeiten". Du läufst, um aufzutanken.

5. Die "Erinnerungs-Brücke" für schwere Tage
An Tagen, wo du keine Lust hast, nutze die Erinnerung an das Endorphin-Gefühl:

"Ich weiß, wie gut ich mich danach fühlen werde. Das ist schon hundertmal passiert. Es wird wieder passieren. Ich vertraue darauf."

Das ist keine Selbsttäuschung – das ist Erfahrungswissen. Dein Gehirn kennt das Muster bereits. Du erinnerst es nur daran.

Wichtig: Das Ziel ist nicht, süchtig nach dem Gefühl zu werden. Das Ziel ist, eine gesunde Verbindung zwischen Laufen und Wohlbefinden aufzubauen. Laufen wird zu etwas, das dir guttut – verlässlich, nachhaltig, langfristig.

Wann werden Endorphine beim Laufen ausgeschüttet?

Die Endorphin-Ausschüttung ist individuell verschieden und hängt von mehreren Faktoren ab:

Während des Laufs (vor allem bei Fortgeschrittenen):

  • Nach 20-30 Minuten lockeren Laufens (bei manchen früher, bei anderen später)
  • Bei längeren Läufen (60+ Minuten) steigt die Konzentration deutlich
  • Im "Flow-Zustand" – wenn alles leicht läuft und der Kopf frei wird

Nach dem Lauf (für alle Läufer):

  • In den ersten 10-30 Minuten nach dem Lauf am stärksten spürbar
  • Der Effekt kann mehrere Stunden anhalten
  • Wird verstärkt durch Cool-Down und bewusstes Nachspüren

Faktoren, die die Ausschüttung beeinflussen:

  • Trainingszustand (je trainierter, desto leichter erreichbar)
  • Laufdauer (längere Läufe = mehr Endorphine)
  • Intensität (moderate Intensität ist optimal – nicht zu leicht, nicht zu hart)
  • Tagesform (manchmal klappt's, manchmal nicht – das ist normal!)
  • Regelmäßigkeit (regelmäßiges Training erhöht die Rezeptor-Sensitivität)

Beispiel: So unterschiedlich fühlt sich's an

Woche 1 als Laufanfänger:
"Puh, geschafft! Ich bin fertig, aber irgendwie auch... zufrieden? Ich hab's durchgezogen. Das fühlt sich gut an, auch wenn's hart war."
→ Das sind deine ersten Endorphine! Noch kein High, aber das Stolz-Gefühl ist bereits da.

Nach 3 Monaten regelmäßigen Trainings:
"Okay, die letzten 10 Minuten waren richtig angenehm. Ich hätte noch weiterlaufen können. Und jetzt, nach dem Dehnen, fühle ich mich richtig gut. Entspannt. Glücklich."
→ Die Endorphine sind deutlicher spürbar. Der Körper hat sich angepasst.

Nach 6-12 Monaten (fortgeschritten):
"Bei Kilometer 8 war plötzlich alles leicht. Mein Kopf war frei, die Gedanken flossen, die Beine liefen von selbst. Das war... magisch. Danach war ich stundenlang gut drauf."
→ Das ist das echte Runner's High. Aber es kommt nicht bei jedem Lauf!

Wichtig zu verstehen: Alle drei Stufen sind wertvoll. Das High in Woche 1 als Anfänger ist genauso echt und wichtig wie das High nach einem Jahr. Vergleiche dich nicht mit anderen – sondern mit dir vor einem Monat.

Achtung: Wenn aus Freude Sucht wird

Endorphine sind großartig – aber sie haben eine dunkle Seite. Laufsucht ist real. Und sie ist gefährlich, weil sie sich anfangs so positiv anfühlt.

Warnsignale für Laufsucht (Sport-Abhängigkeit):

  • Du läufst trotz Verletzung oder Krankheit weiter – weil du das Gefühl "brauchst"
  • Du fühlst dich schlecht, schuldig oder unruhig an Ruhetagen – als ob dir etwas fehlt
  • Du steigerst ständig den Umfang – weil "normal" nicht mehr reicht
  • Das Laufen wird zum Zwang – aus "ich will" wird "ich muss"
  • Andere Lebensbereiche leiden – Freunde, Familie, Arbeit werden vernachlässigt
  • Du läufst, um negative Gefühle zu unterdrücken – statt sie zu verarbeiten
  • Ohne Laufen bist du gereizt, unzufrieden oder depressiv

Der feine Unterschied:

  • Gesunde Leidenschaft: "Ich liebe Laufen, weil es mir guttut. An Ruhetagen bin ich entspannt."
  • Sucht: "Ich muss laufen, sonst fühle ich mich schlecht. Ohne Laufen bin ich nicht okay."

Warum passiert das?
Endorphine aktivieren im Gehirn das Belohnungssystem – ähnlich wie andere Süchte (Alkohol, Drogen, Glücksspiel). Bei manchen Menschen mit bestimmten Veranlagungen kann sich daraus eine Abhängigkeit entwickeln.

Besonders gefährdet sind:

  • Menschen mit Hang zu Perfektionismus
  • Personen mit niedrigem Selbstwert (die ihre Identität übers Laufen definieren)
  • Menschen, die schwierige Emotionen vermeiden wollen
  • Läufer, die ihren Selbstwert über Leistung definieren

Was tun, wenn du Warnsignale erkennst?

  • Nimm dir bewusst Ruhetage – auch wenn's schwerfällt
  • Erkenne: Du bist wertvoll, auch ohne Laufen (NLP: Identität ist mehr als Verhalten!)
  • Hole dir Unterstützung – Freunde, Familie, im Zweifel professionelle Hilfe
  • Frage dich ehrlich: Warum laufe ich wirklich?
  • Diversifiziere deine Glücksquellen – nicht nur Laufen soll dich glücklich machen

Die gesunde Balance: Laufen ist ein wundervoller Teil deines Lebens – aber nicht dein ganzes Leben. Die Endorphine sind ein Geschenk, kein Ersatz für echtes Glück und Zufriedenheit.

Wenn Laufen dir Energie gibt, dich auflädt und dich glücklicher macht – perfekt! Wenn du ohne Laufen nicht mehr funktionieren kannst – Zeit, ehrlich hinzuschauen.

5 Tipps für den gesunden Umgang mit Endorphinen

  1. Genieße das Gefühl – aber jage ihm nicht hinterher
    Wenn das Runner's High kommt: toll! Wenn nicht: auch okay. Nicht jeder Lauf muss ein Hochgefühl bringen.
  2. Nimm dir Zeit für's "Nachher"
    Die besten Endorphin-Momente sind oft die 15 Minuten nach dem Lauf. Hetz nicht sofort weiter – spüre nach, dehne dich, atme bewusst.
  3. Verankere das gute Gefühl bewusst
    Nutze kleine Rituale (wie im Mental-Box beschrieben), um das Endorphin-Gefühl mit positiven Gedanken zu verbinden.
  4. Erkenne: Endorphine sind ein Bonus, kein Hauptziel
    Laufen ist mehr als Biochemie. Es geht um Gesundheit, Natur, Bewegung, Freiheit. Die Endorphine sind das Sahnehäubchen.
  5. Bleib ehrlich mit dir selbst
    Wenn du merkst, dass du süchtig wirst (siehe Warnung-Box), sei mutig genug, es anzuerkennen und gegenzusteuern.

Siehe auch im Läufer-ABC:

  • Runner's High – Das Hochgefühl beim Laufen
  • Dopamin – Der Motivations-Botenstoff
  • Grundlagenausdauer – Wo Endorphine am besten wirken
  • Cool-Down – Perfekt, um das Endorphin-Gefühl zu genießen
  • Regeneration – Auch hier helfen Endorphine
  • Übertraining – Wenn aus Laufen Zwang wird
  • Laufsucht – Die dunkle Seite der Endorphine
  • Flow – Der optimale Zustand für Endorphin-Ausschüttung
  • Meditation – Verstärkt das Endorphin-Gefühl
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